Feste feiern

Wenn alle Zeiten gleich sind, dann werden sie sinnlos. Wenn der Sonntag zum Alltag wird, dann verdirbt das auch den Alltag, dann wird auch der Alltag leer und öde und verliert seinen Sinn. Das heute weit verbreitete Gefühl der Sinnlosigkeit rührt sicher auch ein Stück davon her, dass man keine Feste mehr feiern kann, die aus der Zeit herausgehoben sind, Feste, an denen etwas Größeres durchbricht, an denen der Sinn des Ganzen durchscheint, weil man sich von Gott berührt weiß. Vom Fest fällt Licht auch auf die übrige Zeit. Sie bekommt eine andere Qualität …
Der Mensch durchbricht in der Feier bewusst seinen Alltag, um ihn dann wieder neu bewältigen zu können. In der Feier trinkt er von der Quelle des Lebens. Da taucht er ein in das eigentliche Geheimnis seines Lebens, das sich im Anlass des Festes darstellt: etwa in der Geschichte seines Volkes…
So ist das Festefeiern lebensnotwendig, es schenkt uns die Kraft, die wir brauchen, um unser Leben zu meistern. Aber wir können nicht beliebig Feste feiern. Ein eigentliches Fest ist nur, wenn wir davon leben können, wenn etwas zur Sprache kommt, das uns eine neue Sicht unser selbst und unseres Lebens, ein neues Daseinsgefühl schenkt.
Für die Alten gab es ein echtes Fest nur, wenn Gott und seine Taten gefeiert wurden …
Sie wollten im Feiern einer Gottestat wieder zu echten Menschen werden, zu Menschen, die um Ihre Würde wissen, um ihre Wurzeln, um ihre Möglichkeiten; zu Menschen, die nicht in der Vergessenheit leben und in der Aktivität des Alltags vertrocknen.

v. Anselm Grün

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