Zum inzwischen 29. Treffen trafen am Pfingstsamstag wieder 40 Gäste aus unserer Partnergemeinde in Cergy
in Hochdahl ein – 27 Erwachsene und 13 Kinder und Jugendliche, aus unserer
Gemeinde nahmen 22 Erwachsene und 8 Jugendliche teil. Nachdem die Pfingsttreffen
in Hochdahl in den letzten Jahren von Regen, Schauern und kleineren
Unwettern geprägt waren, stand unser Treffen in diesem Jahr bereits wettertechnisch
unter guten Vorzeichen – Hoch „Zsuzsanna”, (es hieß tatsächlich
so), schenkte uns Sonne, leichten Wind und angenehme Temperaturen, so dass
alle Aktivitäten wie geplant durchgeführt werden konnten.
Empfangen wurden unsere Gäste wie gewohnt auf dem Parkplatz an Heilig
Geist, das Wiedersehen – teilweise aber auch das erste Zusammentreffen
– fiel gewohnt herzlich aus. Nach einem Mittagessen in den Gastfamilien fand
nachmittags der regelmäßige thematische Schwerpunkt des Treffens statt.
Die Diskussionsrunde stand in diesem Jahr unter dem Thema „Wie erlebe
ich unsere Kirche – 40 Jahre nach dem Vatikanischen Konzil”. Auf dieses
Thema hatten wir uns nach mehreren Vorbereitungstreffen verständigt.
Auslöser für dieses Thema war die Entscheidung von Papst Benedikt XVI,
die Pius-Bruderschaft wieder in die Katholische Kirche aufzunehmen. In
den Vorbereitungstreffen wurde diskutiert, wie wir zu den Auffassungen der
Piusbruderschaft stehen. Schnell wurde klar, dass wir ein anderes Glaubensverständnis
haben und dass uns vieles von ihren Auffassungen trennt. Genau so
schnell wurde aber klar, dass solch ein begrenztes Thema allein eine Diskussionsrunde
nicht tragen würde.
Im Verlauf der Diskussionen in den Vorbereitungsrunden wurde auch klar,
dass sich für uns anhand dieser und ähnlicher Entscheidungen wie der Wiederzulassung
der Tridentinischen Messe die Frage stellte, ob dies als Anzeichen
anzusehen sei, dass sich die katholische (Amts-)Kirche auf einem Weg zurück
hinter die Errungenschaften des 2. Vatikanischen Konzils begeben will. Hieran
schloss sich in den Vorbereitungstreffen die Diskussion an, welche Errungenschaften
des 2. Vatikanischen Konzils wir selbst wertschätzen, auf welche wir
nicht verzichten wollen.
An der Intensität und Lebhaftigkeit in den vier Diskussionsgruppen zeigte
sich, dass das Thema auch auf das Interesse der französischen Gäste traf.
Denn einige Entwicklungstendenzen innerhalb der Katholischen Kirche
(Rückgang der Gläubigen, Rückgang der Priesterberufungen) sind in Frankreich
teilweise noch viel stärker festzustellen als in Deutschland. In beiden Ländernstellt sich die Frage danach, wie die Kirchen auf diese Entwicklungen reagieren.
Im Kern stellte sich uns die Frage, ob das Vatikanum II Perspektiven für
die Weiterentwicklung der Kirche unter geänderten gesellschaftlichen Umständen
aufzeigt: Setzt Kirche sich mit den richtigen Themen auseinander? Welches
sind die Themen, die Kirche zukunftsfähig machen? Welche Rolle können
Laien in der Kirche wahrnehmen? Lässt Kirche überhaupt Änderungen zu oder
versucht sie die Uhr theologisch zurückzudrehen?
Die in Hochdahl diskutierten Anweisungen des Erzbistums Köln (Neugestaltung
der Priestersitze am Altar sowie der Tabernakel) wurden von unseren
französischen Gästen nicht als Rückfall in die Zeit vor dem Vatikanum II empfunden.
Aus Cergy berichteten sie aber, dass dort neuerdings teilweise Mädchen
als Messdiener abgelehnt wurden, dass Priester wieder dazu übergingen, Soutane
zu tragen, dass Traditionalisten immer mehr Raum in den Gemeinden
besetzten.
In der Diskussion wurde die Auffassung deutlich, dass die vom Vatikanum
II erfolgte Stärkung der Stellung der Laien von den Gläubigen auch aktiv
wahrgenommen werden müsse. Alle Kirchenmitglieder seien zur Verbreitung
des Evangeliums im kirchlichen Auftrag aufgerufen. Dabei dürften sich
die Gemeindemitglieder nicht in interne Streitigkeiten verlieren, derartige Diskussionen
würden von Außenstehenden häufig als bloße Nabelschau interpretiert.
In derartigen Situationen sei vielmehr ein gemeindeinterner Dialog
erforderlich, um unserer eigentlichen Aufgabe als Christen gerecht zu werden:
unseren Glauben mit Freude zu bekennen und an die jüngere Generation
weiterzugeben.
An diese Diskussionsrunden schloss sich die abendliche Soiree an, die uns
einen lebhaften Austausch mit unseren Gästen bei gutem Essen und Wein ermöglichte.
Am Sonntagmorgen besuchten wir gemeinsam den Pfingstgottesdienst
in Heilig Geist, der von der Capella Jeunesse mitgestaltet wurde. Trotz
vorangegangener Hinweise auf fehlende Französischkenntnisse begrüßte Pfarrer
Hittmeyer unsere Gäste dann doch herzlich auf Französisch.
Nach dem Gottesdienst fuhren wir nach Kaiserswerth zu einem mittäglichen
Picknick in den Rheinauen. Zum ersten Mal seit Jahren war dies bei
Sonne und angenehmen Temperaturen möglich – was der Stimmung durchaus
förderlich war. An das Picknick schloss sich eine selbstorganisierte Führung
durch diesen alten Stadtteil Düsseldorfs mit der Besichtigung der Kaiserpfalz
und der Suitbertus-Basilika an.
Zurück nach Düsseldorf ging es mit einem Schiff der Weißen Flotte – dass
der Kapitän hierbei die Anlegestelle an der Heinrich-Heine-Brücke zunächst
ausließ und so eine Ehrenrunde vor der Kulisse der Düsseldorfer Altstadt drehen
musste, war uns allen recht.
Das anschließende Abendessen wurde dann in kleinen Gruppen in
einzelnen Familien eingenommen. Die teilnehmenden Jugendlichen hatten für
sich selbst ein Abendprogramm mit verschiednen Spielen organisiert. Das Treffen
endete am Pfingstmontag mit dem Besuch der Messe in St. Franziskus.
Welches Fazit lässt sich ziehen? Für mich ist es immer wieder faszinierend
zu erleben, mit welcher Selbstverständlichkeit hier deutsch-französische
Freundschaft gelebt und neue Teilnehmer in den Kreis integriert werden
– und mit welcher Offenheit über Glaubensfragen diskutiert wird. So geben
die Treffen immer wieder Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit dem eigenen
Glauben.
Und ein Nachsatz: Vielleicht haben Sie aufgrund dieses Artikels Interesse, am kommenden Pfingsttreffen teilzunehmen – sprechen Sie uns an, wir freuen uns auf Sie!
Thomas Hartmann
(aus aspekte 10/09)
Als Pfingsten 1982 eine Gruppe von 32 Erwachsenen und Jugendlichen aus Cergy zum ersten Partnerschaftstreffen zu uns nach Hochdahl kam, brachten sie zwei beziehungsvolle Geschenke mit: für jeden Gastgeber ein zweisprachiges, kunstvoll gestaltetes “Notre Père” (Vater unser) und für die Gemeinde einen Stein mit dem Emblem von Cergy, der stilisierten Schleife des Flusses Oise. Dieser Stein wurde als “Eckstein” im Inneren des Roncalli-Hauses angebracht.
Diesem ersten “Rencontre” sind inzwischen 19 weitere Treffen gefolgt, mit vielen Erlebnissen, die das Leben der Teilnehmer bereichert haben. Selbst eine umfangreiche Dokumentation, die anläßlich des diesjährigen 20. Treffens von Mitgliedern der Hochdahler Gruppe erstellt worden ist, kann die zahllosen bewegenden Momente, wie die Aufnahme in den Familien, die gemeinsamen Soirées, oder die Ausflüge in die Umgebung nur unzureichend widerspiegeln. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Herzstücken eines jeden Treffens gewidmet, den gemeinsamen Messen und den Diskussionsrunden in gemischten Gruppen. Im Laufe der Jahre sind dort die unterschiedlichsten Themen angepackt worden, z.B.: Wie vermitteln wir den Glauben an unsere Kinder? ‑ Tod und Krankheit. ‑ Der Geist weht, wo er will. Partnerschaft Ost‑West. ‑ Erwachsen werden. ‑ Gründe für die Gewalt um uns. ‑ Das Spannungsfeld zwischen Kirche und Gesellschaft. Im Hause Gottes gibt es viele Wohnungen.
Überraschend waren manchmal die Gemeinsamkeiten und manchmal die Unterschiede, die hierbei zwischen Franzosen und Deutschen zu Tage traten. Immer wieder zeigte sich, daß diese Gespräche dann besonders fruchtbar waren, wenn persönliche Erfahrungen, Hoffnungen und Befürchtungen eingebracht werden konnten.
Das Thema des Pfingsttreffens 2000 in Cergy war “2000 Jahre Christentum, schmerzhafter Blick zurück (die Vergebungsbitte des Papstes), banger Blick nach vorn (wie geht es weiter mit unserer Kirche?).” Die Diskussionsrunden tagten diesmal in La Roche‑Guyon, einem geschichtsträchtigen Renaissance-Schloss, ursprünglich Bollwerk gegen das Eindringen der Normannen, im letzten Weltkrieg Hauptquartier von Generalfeldmarschall Rommel, der von dort aus die Verteidigung gegen die erwartete Invasion der Alliierten organisieren sollte.
Jürgen Ortmanns